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Deutliches Lebenszeichen

Wäre dieser Sport eine Bezie­hung, würde man wohl vom zweiten Frühling sprechen. Denn nach lan­gen Jahren, in denen das deutsche Curling vor sich hin darbte, gab es jetzt binnen weniger Wochen gleich zwei große Erfolgserlebnisse bei Weltmeisterschaften: Erst Bronze in der Disziplin Mixed, es war die erste Medaille für die Sportart seit zwölf Jahren. Und nun auch noch der Vi­zeweltmeistertitel bei den Junioren - der erste seit 1995. "Ein deutliche­res Lebenszeichen geht wohl kaum, wir sind unglaublich stolz", sagt Benny Kapp. Der 19-jährige Füsse­ner führte sein hauptsächlich aus Allgäuern bestehendes Team als Skip bei der WM im schwedischen Jönköping auf den zweiten Rang.

Mit erschöpft klingender Stimme dankte er im Interview seinen Teamkollegen Magnus Sutor (Füssen), Felix Mes­senzehl, Johannes Scheuerl (beide Oberstdorf) sowie Klaudius Harsch (Rastatt). "Die haben einen überra­ genden Job gemacht", sagt Kapp. Wohlwissend, dass es das letzte Turnier in dieser Konstellation ge­ wesen sein wird. ,,Klaudius und Magnus erreichen die Altersgrenze und müssen künftig bei den Herren ran", erklärt Kapp. Ein kleines bisschen Wehmut komme schon auf. Aber geht es besser, als sich mit ei­nem Vizeweltmeistertitel zu verabschieden? "Wohl kaum." Denn vor dem Turnier hatten sich die Allgäu­er zwar durchaus Chancen auf die Playoffs ausgerechnet. An eine Me­daille gedacht, habe da aber noch keiner so wirklich, sagt Vater und Coach Andy Kapp. "Die Art und Weise, wie das Team taktische und spielerische Vorgaben umgesetzt hat, war sehr beeindruckend."

Im Finale gegen Schottland sei seiner Mannschaft dann etwas die Luft ausgegangen. Kein Wunder nach einer fast elfmonatigen Saison. Sie hatte corona-bedingt deutlich länger gedauert als sonst. Eine Aus­ rede für die Finalniederlage solle das aber nicht sein. "Die Schotten wa­ ren stärker, sie haben es verdient."

Doch grämen braucht sich im deutschen Lager deshalb keiner. Al­lenfalls wegen mangelnder Wert­schätzung. "Vor sieben Jahren hätte der DOSB um seinen damaligen Präsidenten Alfons Hörmann unse­ren Sport fast eingestampft." Jetzt habe das deutsche Curling gezeigt, was man zu leisten imstande ist. Auch Sohn Benny spricht von einer Aufbruchsstimmung innerhalb der Szene. Diese Euphorie soll bis min­destens Februar anhalten. Dann nämlich findet in Füssen erstmals wieder eine A-Weltmeisterschaft statt. Die erste seit 1988, wie soll es bei einem zweiten Frühling auch an­ders sein? "Beschäftigt haben wir uns damit noch nicht wirklich", sagt Benny Kapp. "Jetzt brauch' ich erst mal ein neues Team."

Quelle: Allgäuer Anzeigeblatt.

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